Einleitung
Was sind überhaupt Freiheits- und Marktrechte? Welche Rechte, aber auch Pflichten sind damit verbunden? Und wie sah das speziell in Mettmann aus? Marinko Betker, der Archivar der Stadt Mettmann, hat die historischen Hintergründe rund um das Jubiläum erforscht und lädt Sie ein auf eine kleine Zeitreise:
Das „Dorp und Ambt Medemen“, die im 15. Jahrhundert gebräuchliche Bezeichnung der Kreisstadt Mettmann, wurde am 10. August
1424 von Herzog Adolf VII. von Jülich-Berg zur „Freiheit“ erhoben. Damit verbunden waren stadtähnliche Privilegien, aber auch Pflichten. Mettmann war zu dieser Zeit bereits Amtssitz in der Funktion eines Oberzentrums für die umliegenden Honschaften, den ländlichen Verwaltungseinheiten. Die strategisch günstige Lage an der Kölnischen Landstraße – der strata coloniensis – prädestiniere Mettmann wahrscheinlich auch für die Erhebung zu einer Freiheit.
Die Urkunde von 1424 ist im Original leider nicht mehr überliefert. Den Inhalt erfahren wir aus einem sogenannten Transsumpt, einer Urkunde aus dem Jahr 1670, bei der eine Abschrift der Original-Urkunde vorgenommen wurde. Diese Urkunde wurde vom Pfalzgrafen bei Rhein ausgestellt und bestätigte den Mettmannerinnen und Mettmannern ihre Privilegien und Stellung im Reichsgefüge.
Rechte und Pflichten
„Stadtluft macht frei“, ist ein oft zitierter Satz in der Geschichtswissenschaft. Und tatsächlich war dies ein wesentlicher Aspekt der Freiheit Mettmann: Die Selbstbestimmung, aber auch die Verpflichtung, die eigenen Geschicke in die Hand zu nehmen. Bei Vernachlässigung der Pflichten drohte der Verlust der Freiheit! Die wichtigsten Rechte und Pflichten waren:
1. Die Befreiung von Steuern und Abgaben, die in der Regel in Naturalien, aber auch in barer Münze geleistet wurden. Dazu zählte z.B. das „Fleischgeld“, das unmittelbar zur Versorgung der herzoglichen Dienstsitze verwendet wurde. Es blieb jedoch die Verpflichtung zu zwei größeren Abgaben im Jahr, eine davon die sogenannte „Herbstbede“ nach der Erntezeit. Die Abgaben summierten sich auf einen Wert von 70 Gulden. Dies stellte für den Haushalt der Freiheit eine große Position dar. Zusätzlich sollte eine Haferabgabe geleistet werden – damit wurden unter anderem die Streitrösser des Herzogs versorgt, der ständig bewaffnete Konflikte austrug.
2. Das Wahlrecht von Bürgermeistern und Räten war die unmittelbarste Form der Selbstverwaltung. Die Amtszeit betrug lediglich ein Jahr, nicht wie heute fünf Jahre. Durch geschickte Wiederwahl sicherten sich die Mettmanner Familien einflussreiche Positionen und Ämter im Rat der Stadt. Zu nennen sind z. B. mindestens fünf Amtszeiten der Familie Weyerstrass, die insgesamt drei verschiedene Bürgermeister stellten.
3. Die Einrichtung eines Landgerichtes ermöglichte eine „niedere Gerichtsbarkeit“ auf Mettmanner Boden. Dies ist in etwa mit dem heutigen Zivilrecht vergleichbar. Man musste nicht mehr in das benachbarte Gerresheim fahren, um seinen Rechtsstreit vorzubringen. Für das sogenannte „Blutgericht“ in schweren Kriminalfällen war das bergische Obergericht in Düsseldorf zuständig.
4. Die Zollfreiheit für Mettmanner Handelsgüter im Herzogtum Jülich-Berg war eine Möglichkeit, den Wohlstand der Mettmanner Unternehmerinnen und Unternehmer zu mehren, denn Abgaben wurden auf den Handelsrouten teilweise mehrfach fällig. Für das 15. Jahrhundert sind Wirtschaftszweige wie die Fischzucht belegt, die ihre Überschüsse in den umliegenden Honschaften und Städten verkauften.
5. Die Marktrechte für Jahr- und Wochenmärkte waren beurkundetes Recht und dienten der Selbstversorgung, aber auch dem Absatz von Gütern aus eigener Produktion. Urkundlich bestätigt waren die beiden großen Jahrmärkte: Der eine zu Sankt Lambertus, dem 17. September. Der andere fiel auf den 4. Sonntag nach Ostern. Die Jahrmärkte durften drei Tage eher bis drei Tage später andauern – ein großzügiger Rahmen. Dazu kamen die Wochenmärkte, immer montags, mit dem Recht des Aufbaus am Sonntagabend, und der Verpflichtung zum Abbau am Dienstag spätestens bis 6 Uhr in der Früh.
6. Die Freiheit für Fremde nach einem Jahr im Stadtgebiet. Adolf VII. gab Mettmann damit bereits einen rechtlichen Anreiz, zu wachsen, und wohlhabende Familien an sich zu binden. Gleichwohl galt die Einschränkung, dass gemäß Lehnsrecht unfreie Menschen im Stadtgebiet vor Ablauf des Jahres wieder „eingefordert“ werden konnten. Daher kann man sich vorstellen, dass es meist Menschen mit Grundbesitz waren, die sich in Mettmann halten konnten.
7. Die Verpflichtung, eine Stadtmauer zu bauen, zu befestigen und zu unterhalten galt als wichtiges „geostrategisches“ Element im Herzogtum Jülich-Berg. Dies befähigte und verpflichtete die Bevölkerung, sich gegen feindliche Kräfte zur Wehr zu setzen. Eine Stadtmauer konnte man bewachen, in Form von Türmen wurden Aussichtspunkte geschaffen, um Gefahren zeitnah zu erkennen. Die Forschung schätzt, dass der umbaute Raum der Stadtmauer im 15. Jahrhundert etwa 800 Meter Umfang hatte. Davor waren zudem Erdwälle und ein Wasserlauf, was die Verteidigungsfähigkeit noch einmal erhöhte. Heute ist die Stadtmauer aus dem Stadtbild jedoch beinahe gänzlich verschwunden. Dennoch kann man im ein oder anderen Hinterhof der Stadt noch Überreste bzw. die Sockel der alten Wehrtürme noch finden.
Wir hoffen, dass Sie einen kleinen Eindruck von Mettmann zu Zeiten des Herzogtums Jülich-Berg im 15. Jahrhundert gewinnen konnten und laden Sie herzlich ein, mit uns dieses 600. Jubiläum zu feiern!
Am 19. September 2024 hat der Mettmanner Stadtarchivar Marinko Betker einen Vortrag zu den historischen Hintergründen des Jubiläums gehalten. Hier kann das dazugehörige Skript heruntergeladen werden:
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