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Rathaus Mettmann
Archivfoto: Kreisstadt Mettmann

Stellungnahme zur Vergabe von Plakatflächen für Wahlwerbung

Pressemeldung vom 31. Juli 2020
 

In der Angelegenheit um die Vergabe von Plakatflächen für Wahlwerbung hat sich die Verwaltung vor dem Hintergrund der intensiven Diskussion im Kommunalwahlausschuss vom 29. Juli 2020 noch einmal eingehend mit der Problematik befasst:

Zunächst ist vorab festzustellen, dass der Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit, über dessen Anwendung in der vorgenannten Ausschusssitzung nachhaltig gestritten wurde, auch bei der Ratswahl Anwendung findet und auch bei den vergangenen Kommunalwahlen Anwendung gefunden hat. Bemerkenswerter Weise wurde und wird die Anwendung dieses Grundsatzes bei den Ratswahlen nie in Frage gestellt bzw. war nie umstritten, obwohl auch bei dieser Wahl die größte Partei (CDU) um das Vierfache mehr als Plakatierungsmöglichkeiten eingeräumt bekommt als der kleinsten Partei. Ebenso wenig wird daran Anstoß genommen, dass auch die SPD einen über dreimal so großen Anteil an Plakatierungsflächen im Vergleich zu der kleinsten Partei bekommt. Dies ist in rechtlicher Hinsicht auch nicht zu beanstanden.

Auch im Falle von Bürgermeisterwahlen wird diese Verfahrensweise rechtlich nicht beanstandet. Nach der Rechtsprechung ist der Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit nach § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG zwar nicht direkt anwendbar, weil es sich bei einer Bürgermeisterwahl um eine personenbezogene Direktwahl und keine Parteienwahl handelt (vgl. VG München, Beschluss vom 26. Mai 2006 – M 22 E 06.1484 -, juris), es wird von der Rechtsprechung aber nicht beanstandet, wenn dieser Grundsatz entsprechend bzw. analog Anwendung findet. Das VG München führt insoweit aus, dass es sich bei der Direktwahl eines Bürgermeisters auch um keine reine Persönlichkeitswahl handele, so dass aus Artikel 3 Abs. 1 GG nicht automatisch folge, dass im Vorfeld von Bürgermeisterwahlen allen Kandidaten in gleichem Umfang die Möglichkeit der Wahlwerbung durch Plakatierung der gleichen Anzahl an Wahlplakaten gegeben werden muss (vgl. VG München aaO., dort Seite 17, Rd-Nr. 45).

Insoweit sei bei einer Personenwahl wie bei einer Parteienwahl zu bedenken, dass bei einer formalen Gleichbehandlung aller Kandidaten eine Verfälschung eintreten könnte, weil der Anschein des gleichen Gewichts aller Kandidaten erweckt und der Wähler über die Wahlbedeutung des einzelnen Kandidaten getäuscht wurde. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn bei der Vergabe von Plakatflächen für die Wahl zum Bürgermeister hinsichtlich der Parteien, die (gemeinsame) Wahlvorschläge eingereicht haben, entsprechend deren Ergebnis bei der vorangegangenen Bürgermeisterwahl differenziert wird. Damit könne dem Aspekt der Persönlichkeitswahl sogar am besten Rechnung getragen werden (vgl. VG München aaO. mit Verweis auf VG Darmstadt, HGZ 1999, 67).

Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, ist die bislang seitens der Verwaltung beabsichtigte Verteilung der Plakatierungsmöglichkeiten im Grundsatz nicht zu beanstanden. Eine Korrektur ist allerdings insoweit erforderlich als – wie dargelegt – auch auf das Ergebnis der Wahlvorschläge der Parteien bei der vorangegangenen Bürgermeisterwahl mit abzustellen ist. Fraglich ist insoweit allerdings im vorliegenden Fall, auf welche Ergebnisse der Bürgermeisterwahl 2015 abzustellen ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es bei der Bürgermeisterwahl 2015 eine Stichwahl gegeben hat, der ein erster Wahlgang vorausgegangen war.

Die Verwaltung ist nach Abwägung aller Umstände zu dem Ergebnis gekommen, auf die Ergebnisse der Stichwahl abzustellen, weil es sich hierbei insbesondere auch um die Endergebnisse handelt. Zudem würde sich bei einem Abstellen auf die Ergebnisse des ersten Wahlgangs eine Situation ergeben, die zu einer Verfälschung hinsichtlich des politischen Gewichts der gemeinsamen Kandidatin der SPD und der CDU sowie des Bürgermeisters führen würde.

Bei der Bürgermeisterwahl 2015 entfielen im ersten Wahlgang auf den Bürgermeister 37,7 %, auf den Kandidaten der CDU 32,6 % und auf die Kandidatin der SPD 11,8 %. Würde man nun die Ergebnisse des seinerzeitigen CDU-Kandidaten und der seinerzeitigen SPD-Kandidatin zusammen ziehen und der jetzigen gemeinsamen Kandidatin von SPD und CDU zurechnen, käme sie auf insgesamt 44,4 %. Damit läge sie um 6,7 % höher als der Bürgermeister, wodurch bei den Wählern der fehlerhafte Eindruck entstünde, die Wahlbedeutung der jetzigen SPD/CDU-Kandidatin sei grüßer als die des amtierenden Bürgermeisters.

Dies wäre aber ein unangemessenes Ergebnis, wenn man berücksichtigt, dass der Bürgermeister in der Stichwahl 2015 letztlich mit 67,5 % gewählt wurde. Zudem übt der Bürgermeister seit nunmehr fünf Jahren sein politisches Amt aus, während die gemeinsame Kandidatin von SPD und CDU kommunalpolitisch bislang nicht in Erscheinung getreten ist.

Bei Berücksichtigung bzw. Abwägung aller v. g. Aspekte muss man daher aus Sicht der Verwaltung zu dem Ergebnis kommen, dass letztlich auf die Ergebnisse der Stichwahl im Jahre 2015 abzustellen ist. Mithin ist der Bürgermeister bei der Vergabe von Plakatierungsmöglichkeiten (zunächst) mit 67,5 % und die gemeinsame Kandidatin von SPD und CDU (zunächst) mit 32,5 % zu berücksichtigen.

Für den Kandidaten der Grünen und die Kandidatin der FDP können keine Ergebnisse aus der Bürgermeisterwahl 2015 berücksichtigt werden, da diese Parteien keine Wahlvorschläge bei der Bürgermeisterwahl 2015 eingereicht haben. Ein Abstellen auf die Ergebnisse der Kommunalwahl 2014 kommt in diesem Zusammenhang nicht in Betracht, da es sich insoweit um eine Parteienwahl und nicht um eine personenbezogene Direktwahl handelte.

Allerdings ist auch den Kandidaten dieser Parteien jeweils ein Sockelbetrag von mindestens 5 % der Plakatierungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Hierbei ist ihnen im Verhältnis zu den großen Parteien grundsätzlich eine überproportionale, großzügig bemessene Mindestzahl an Plakatstellplätzen zuzuerkennen, während diese Zahl bei den großen Parteien entsprechend zu kürzen ist, damit diese nicht schon durch die bloße Menge der Plakate der großen Parteien ohne Wirkung bleiben. Die zulässige Grenze ist dabei überschritten, wenn der größten Partei mehr als etwa das Vier- bis Fünffache an Stellplätzen eingeräumt wird als der kleinsten Partei.

Was in diesem Sinne als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung zu sehen ist, folgt hingegen nicht aus § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG (OVG NRW v. 12. September 1980, 9 B 1417/80). Es hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen den Parteien jeweils eine nach Umfang und Aufstellungsort angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird, um ihnen wirksame Wahlpropaganda zu ermöglichen (BVerwG v. 13.12.1974.). Insoweit ist auch nach der Art der Wahl sowie der Größe der Gemeinde zu differenzieren (vgl. OVG Saarlouis v. 5. August 1998, 2 V 14/98). Die Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten beurteilt sich demgemäß danach, ob im Hinblick auf die Anzahl der an der Wahl teilnehmenden Parteien und Wählergruppen eine ausreichende Anzahl von Plakatierungsmöglichkeiten insgesamt zugelassen wird, sowie danach, ob die Gesamtzahl der Plakatierungen in einem angemessenen Verhältnis auf die einzelnen Parteien und Wählergruppen verteilt worden ist. Die Plakatierungsmöglichkeiten müssen hinreichend dicht sein, um den Parteien und Wählergruppen „gewissermaßen flächendeckend“ (VG Saarland v. 12. Februar 2001 aaO.) Wahlwerbung im gesamtem Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben. In Anlehnung an das einschlägige Wahlrecht stellt sich der hiernach maßgebliche allgemeine Wahlbezirk als ein abgegrenzter Bereich dar, der auch als sachgerechter Maßstab für die Abgrenzung einer angemessenen Wahlsichtwerbung dienen kann. Die angemessene Selbstdarstellung der Parteien erscheint jedenfalls dann noch gewährleistet, wenn jede Partei rechnerisch in jedem Wahlbezirk mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitzt (OVG NRW v. 12. September 1980 aaO.).

Unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten Kriterien ist die Verwaltung bei der erneuten Berechnung der Plakatierungsmöglichkeiten für die Bürgermeisterwahl zu folgendem Ergebnis gekommen:

Bürgermeister (Ergebnis Stichwahl) Wahlergebnis 2015 prozentuale Verteilung Anzahl der Wahlplakate
BM Dinkelmann 67,50% 48,00% 192
CDU 32,50% 28,00% 112
Grüne 12,00% 48
FDP 12,00% 48
100,00% 400

Das zur Verfügung stehende Kontingent an Wahlplakaten wurde von 300 auf 400 Plakate für die Wahl des/der Bürgermeisters/-in angehoben, so dass bei einer prozentualen Neugewichtung die bisher erteilten Sondernutzungserlaubnisse in der Stückzahl nicht nach unten korrigiert werden müssen.

Dem Bürgermister und der CDU wurden prozentuale Anteile entsprechend gekürzt, um dem bzw. der bei der vergangenen Wahl nicht angetretenen Bewerber/-in eine entsprechend überproportional große prozentuale Verteilung zu zuerkennen. Dabei war dem Bürgermeister entsprechend seines Wahlergebnisses auch eine größere prozentuale Verteilung abzuerkennen, als der CDU.

Der Vollständigkeit halber wird abschließend mitgeteilt, dass zur Klärung der hier in Rede stehenden Problematik auch mit dem Städte- und Gemeindebund NRW Kontakt aufgenommen wurde. In der Kürze der Zeit war dem Städte- und Gemeindebund NRW eine abschließende Bewertung bzw. ein abschließender Vorschlag zur Verfahrensweise nicht möglich. Die zuständige Sachbearbeiterin des StGB NRW erklärte allerdings, dass sie bei überschlägiger Bewertung der Sach- und Rechtslage die Anwendung des Grundsatzes der abgestuften Chancengleichheit durchaus für sachgerecht halte.

Die Frage, ob Regelungen für die hier in Rede stehende Problematik in einer Satzung bzw. Rechtsverordnung geregelt werden können, konnte ebenfalls nicht abschließend geprüft werden. Es konnte allerdings festgestellt werden, dass andere Städte Regelungen zur Plakatierung bzw. Wahlwerbung in Regelungswerken (Rechtsverordnungen, Richtlinien) geregelt haben. Diese Regelungswerke gaben jedoch für die hier in Rede stehende Problematik keinen Aufschluss, da nur grundsätzliche Dinge, wie z. B. Festlegung der Bereiche, in denen plakatiert werden darf, Größe der Plakate etc., geregelt wurden.

Angesichts der Tatsache, dass bereits jetzt am Wochenende mit dem Aufhängen der Wahlplakate begonnen werden kann und der Erlass einer Verordnung o. ä. einer fundierteren Prüfung bedarf, wurde diese Möglichkeit von der Verwaltung nicht weiter verfolgt. Aus Sicht der Verwaltung bietet sich allerdings im Hinblick auf die nächsten (Kommunal-) Wahlen an, aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit diese Möglichkeit weiter zu verfolgen.

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